Auszug aus der Festschrift · Kapitel 2 ·  Strom für Tirol

Der Bau des Achenseekraftwerks

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Der Bau des Achenseekraftwerks

Die Errichtung des damals größten ­österreichischen Speicherkraftwerks wurde im Juli 1924 einem Bausyndikat unter der Leitung von Innerebner & Mayer aus ­Innsbruck übertragen. Weitere Mitglieder waren die Wiener A. Porr Ges.m.b.H sowie die ebenfalls aus Wien stammende Union-­Baugesellschaft. Die Gesamtleitung des ­Projektes lag in den Händen von TIWAG-­Direktor Dipl.-Ing. Erich Heller.

Die Baupläne, die in weiten Teilen jenen von Joseph Riehl und Karl Innerebner vom Anfang des Jahrhunderts entsprachen, sahen vor, das rund 400 Meter hohe Gefälle vom Achensee zum Inntal zur Erzeugung von elektrischer Energie zu nutzen. Dafür sollte dem See an seinem südwestlichen Ufer mithilfe eines Einlaufbauwerks Wasser entnommen werden, das durch einen 4,6 Kilometer langen Druckstollen in ein in den Felsen gebautes Wasserschloss 12 geleitet und von dort über einen Druckschacht in das 400 Meter darunter liegende Krafthaus geführt werden sollte. Hier war die Installation von fünf Maschinen geplant, die eine Jahresstromerzeugung von 85 Millionen Kilowattstunden liefern konnten. 13

Großes Augenmerk wurde bei den Planungen darauf gelegt, die touristische Nutzung des Sees, der ausgiebig zum Baden oder für eine Fahrt mit dem Dampfschiff genutzt wurde, nicht zu beinträchtigen und seine landschaftliche Schönheit zu erhalten, die von zahlreichen Gästen bei Badeausflügen oder Schifffahrten genossen wurde. Ausdruck fand der Landschaftsschutz beispielsweise in der unterirdischen Verlegung der Druckleitungen zwischen Wasserschloss und Krafthaus, ein Vorgehen, dass zu jener Zeit nur selten zum Einsatz kam.14

Es müssen spektakuläre Bilder gewesen sein, die sich den interessierten Besuchern der Baustellen am Achensee – die sich meist in Form von durch Vereine und Verbände organisierte Besichtigungstouren einfanden – dargeboten haben.15 Die gigantischen Ausmaße des Projektes wurden auch durch die Zahl der Arbeiter ersichtlich, die in den Jahren 1924 bis 1927 an der Errichtung des Kraftwerksbaus beteiligt waren. Rund 1.200 Personen umfasste der Bautrupp, der sich teils großen Gefahren aussetzen musste. So verunglückten drei Bauarbeiter tödlich, mehrere andere wurden zum Teil schwer verletzt.16

Entwurf für die Krafthausfassade aus dem Jänner 1926.

Insbesondere die unterirdischen Arbeiten, wie hier das Stricken der Eisenbewehrung in der unteren Wasserschlosskammer, verlangten den Arbeitern viel ab.

Blick in das Maschinenhaus am 24. November 1926.

Montage der Dieselanlage im Maschinenhaus im Jahr 1926.

Betonierung der Sockel für die Gleitschienen und anschließendes Hochziehen der Einzelteile des Druckrohres.

Die Kraftwerksanlage umfasste neben dem Maschinenhaus und der durch einen Zwischenbau damit verbundenen Montagehalle auch die Außenanlage mit Transformatoren und Schaltern für Drehstrom und Bahnstrom. Durch einen 700 Meter langen, unter dem Maschinenhaus verlaufenden, Unterwasserkanal wurde das durch die Turbinen geleitete Betriebswasser in den Inn abgeführt. 17

Ansicht der 55 kV-Freiluftanlage und des Schalthauses vom 3. September 1927.

Fußnoten:

  • (12) Bei einem Wasserschloss handelt es sich um ein in der Regel als Schacht konstruiertes Bauwerk, das dazu dient, den Druckstoß in der Wasserleitung eines Wasserkraftwerks abzumildern, der ansonsten die Rohrleitung zerstören könnte.
  • (13) Pallua Irene: Elektrizität für Tirol. Eine Geschichte der Tiroler Wasserkraft AG seit 1924. Innsbruck 2022. S. 32 f.
  • (14) Vgl. ebd. S. 31.
  • (15) Vgl. ebd. S. 39.
  • (16) Vgl. ebd. S. 30.
  • (17) Ebd. S. 38.